Straßen und Plätze wie Ernst-Ludwig-Straße, Alicestraße, der Ludwigsplatz mit dem Denkmal von Großherzog Ludwig IV. – nicht zuletzt das Eleonoren - Gymnasium - erinnern immer noch an die historischen Worms-Verbindungen zum einstigen Großherzogtum Hessen mit seinem Regierungssitz in Darmstadt. Beim Wiener Kongress 1815/16 war das linksrheinische Gebiet, darunter auch Worms, zu Hessen-Darmstadt gekommen.
Daran wurde jetzt eine Besuchergruppe erinnert, die von Wolfgang Grün, dem früheren Leiter des Wormser Stadtplanungsamtes, über die Darmstädter Mathilden- und Rosenhöhe im Umfeld der weithin bekannten Künstlerkolonie geführt wurde. Der Arbeitskreis für Kultur- und Landschaftspflege Pfeddersheim hatte dazu eingeladen.
Mit Blick auf den Hochzeitsturm und die russische Kapelle gab es zunächst biographische Erläuterungen zu den Großherzögen und Familien von Ludwig I. bis hin zu Ludwig IV. und Ernst Ludwig im Zeitraum von 1806 bis 1918. Unter Letzterem wurde 1899 die Künstlerkolonie nach dem Leitspruch „Mein Hessenland blühe und in ihm die Kunst“ ins Leben gerufen. Als Mäzen hatte er namhafte Jugendstilkünstler nach Darmstadt berufen, die das Ziel verfolgten, neuzeitliche und zukunftsweisende Bau- und Wohnformen zu entwickeln. Dazu zählten vor allem Peter Behrens, Hans Christiansen, Ludwig Habich und der geniale Joseph Maria Olbrich. Wolfgang Grün erinnerte daran, dass der Bildhauer Ludwig Habich im Jahr 1934 auch das Gefallenendenkmal im westlichen Andachtsraum der Wormser Dreifaltigkeitskirche geschaffen hat. Ebenso merkte er bei der russischen Kapelle zur Überraschung aller an, dass diese vom Großvater des vor wenigen Jahren verstorbenen
Schauspielers, Sir Peter Alexander Baron von Ustinov, gebaut wurde: Zar Nikolaus II. und Zarin Alexandra, eine Prinzessin von Hessen-Darmstadt, hatten sie 1897/99 errichten lassen.
In einer Folge von vier Ausstellungen der Künstlerkolonie - 1901 fand die erste und 1914 wegen Kriegsausbruchs die vorzeitig beendete letzte statt – konnten Glanzpunkte des Kulturerbes von Darmstadt gesetzt werden. Durch Kriegszerstörungen im Jahr 1944 sind viele markante Bauten verloren gegangen und im Wandel der Zeit meist nicht mehr stilgerecht wiederaufgebaut worden. Dennoch zeigten die fachkundigen Erklärungen von Wolfgang Grün, dass die Darmstädter Mathildenhöhe ein einzigartiges Ensemble der Bau- und Kunstgeschichte des Jugendstils geblieben ist.
Der mehrstündige Rundgang führte abschließend durch das Löwentor zum benachbarten Park Rosenhöhe mit den Mausoleen des Fürstenhauses und Gräbern der Familie des letzten Großherzogs Ernst Ludwig. Hier wurde auch das von Architekt Karl Hofmann, der von 1886 bis 1897 als bedeutender Stadtbaumeister in Worms wirkte, geschaffene Mausoleum besichtigt, das als ein „Meisterbau“ gilt. In der Nähe davon steht das alte Mausoleum als Grabstätte der Prinzessin Elisabeth. Bereits 1810 ließ Großherzogin Wilhelmine, die Gemahlin von Ludwig II., den Park als Landschaftsgarten mit exotischem Baumbewuchs anlegen. Der höchste Punkt des Parks ist das dort angelegte Rosarium mit dem Rosendom.
Mit Erinnerungen an die geschichtlichen Beziehungen zwischen Hessen-Darmstadt und Worms fasste Wolfgang Grün vor dem Ernst-Ludwig-Haus, dem ehemaligen gemeinschaftlichen Ateliergebäude der Darmstädter Künstlergruppe, die gewonnenen Eindrücke zusammen: Er verwies dabei auf die zum Nachdenken anregende Inschrift über dem Portal des imposanten Gebäudes: „Seine Welt zeige der Künstler – die niemals war noch jemals sein wird.“