Arbeitseinsatz der Kulturinitiative Pfeddersheim: Frische Farbe für Trullo


Die Pflege und der Erhalt historischer Bausubstanz bzw. ortsbildprägender Bauten war schon immer ein Anliegen der Kulturinitiative Pfeddersheim, weshalb sich kürzlich einige Mitglieder zu einer freiwilligen Aktion trafen, um einem der für Rheinhessen typischen Wahrzeichen, dem sogenannten Trullo auf d em S t.- Georgenberg, einen neuen Anstrich zu verpassen. Wie Claus Theis, Vorstandssprecher der Kulturinitiative erklärte, sei der Trullo sowohl innen als auch außen in einem bedauernswerten Zustand gewesen und habe dringend der Renovierung bedurft. Helfer säuberten das Weinberghäuschen und strichen es anschließend mit neuer Fassadenfarbe, welche großzügiger Weise von Vereinsmitglied Detlef Kettner gesponsert wurde. Besonderer Dank gilt hierbei Malermeister Francesco Kuhl, der all sein Können und seine Erfahrung sowie Maler-Equipment beisteuerte und gemeinsam mit Simone Merz (KI-Mitglied sowie Wein-und Kulturbotschafterin) für das überzeugende neue Aussehen verantwortlich war. „Jetzt kann man dieses besondere Denkmal wieder ohne Scham den vielen Besuchern unserer ehemals freien Reichsstadt vorführen“, so die Kulturinitiative.

Vor dem frisch gestrichenen Trullo werben Aktive und Schauspieler der Pfeddersheimer kultband „Net for viel“ für die von der Kulturinitiative in Zusammenarbeit mit der Band veranstalteten Westernfestspiele am ersten Augustwochenende 2016:

v.l.n.r: Gerhard Haupt, Felix Zillien, Uwe Mörsfelder, Claus Theis, Simon Knab, Jürgen Pfitzner, Andreas Schön, Christine Hahn, Wolfgang Schick, Simone Merz, Michael Rohleder, Christine Rohleder-Ullmann, Detlef Kettner

Text: Jürgen Pfitzner

 

Pfeddersheimer Urkunde von 754

Die urkundliche Ersterwähnung von Pfeddersheim geht auf das Datum vom 25. Mai 754 zurück. Diese Urkunde belegt, dass der einstige Bischof Chrodegang von Metz der nahe bei Metz gelegenen Abtei Gorze unter mehreren anderen Gütern auch die Kirche zu Paterno villa (Pfeddersheim) sowie den hiesigen Frucht- und Weinzehnten gestiftet bzw. verliehen hat.

Schon lange vor diesem Zeitpunkt gab es bereits eine Ansiedlung im heutigen Pfeddersheim und ebenso den Weinbau, denn nur so lässt sich die Urkunde von 754 - die vor inzwischen mehr als 1260 Jahren geschrieben wurde - verstehen. Die in lateinischer Sprache verfasste Urkunde, die auch im Urkundenbuch der früheren Freien Reichsstadt Pfeddersheim von 1911 in voller Länge nachzulesen ist, konnte jetzt mit Hilfe von Oberstudiendirektor a. D. Josef Wolf ins Deutscheübersetzt werden. Auszüge aus dem Wortlaut in deutscher Sprache wollen wir nachfolgend allen Interessierten zur Lektüre anbieten. Felix Zillien

 

Titelseite des Urkundenbuches

Hier heißt es u.a.:

Schreiben des Hochwürdigsten Herrn Chrodegang von Wasnau und anderen Orten. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.Ich Chrodegang, unwürdiger, nicht durch eigene Werke und Namen, sonderndurch die Gnade Gottes Bischof von Metz, habe mit Hilfe und Willen deshochberühmten Königs Pippin, unseres Lehnherrn und mit Zustimmung allerunserer Standesgenossen, Äbte, Priester, Diakonen, Subdiakonen , unseresgesamten Klerus, sowohl der Männer der Kirche des Hl. Stephan von Metz, und jener rechtschaffenen Laien, die dort im Dienst des Hl. Stephan sind, - ich also -habe darüber nachgedacht, wie wir bei der menschlichen Schwäche als Geschenk Gottes unsere Sünden abwaschen und in die ewigen Freuden gelangen können.

Wir schenken auch im Gau Wormaciense jene Kirche, die in Paternavilla (Martflecken Paternus) gebaut wurde und alles was zu der Kirche nach Gesetz gehört und den Zehnten vom Wein, der Getreideernte und von den anderen Früchten, was auch immer in Villapaterna (Marktflecken Paternus) in jedem Jahr geerntet wurde.

Wenn jemand von unseren Nachfolgern oder von meinen Herren aus dem vorher genannten Klerus von Metz oder irgendeine Person versucht, gegen dieses mein Testament vorzugehen oder dann irgendetwas machen will, entgegen meinem Willen, so soll er wissen, wenn ich ihn auch nicht verfluche, dass er am furchtbaren Tag des jüngsten Gerichtes vor dem Richterstuhl Christi mit mir deswegen streiten wird.

Damit diese Seite des Testamentes unangetastet gelten soll, zu Metz veröffentlicht 23. Epakte, dem 1. Konkurrente, im 4. Jahr der Pippinnischen Herrschaft, des hochberühmten Königs, am 25. Mai.

Bischof Chrodegangus, gez. Gaisone, gez. Zacharie, +Norgaudo; +Teoderico;+Abt Agnardo; +Abt Jaco; Abt Bonciolo; +Childradus; +Gondulfus;+Raginardus; +Dodo; +Sudiakon Anglemaro; +Suddiakon Andreas; +Subdiakon Trumbertus; +Chrodingo.

Dies sind die Zeugen und ihre Zeichen

Net-for-viel-Festspiele 2016

präsentiert von der Kulturinitiative Pfeddersheim e.V.

Ein bemerkenswerter Erfolg gelang der Kulturinitiative Pfeddersheim in Zusammenarbeit mit der Kultband „Net for viel“ im August dieses Jahres.Anlässlich des 200jährigen Jubiläums Rheinhessens und des 25jährigen Bandjubiläums brachte man sechs Jahre nach der äußerst erfolgreichen Pfeddersheimer Version der Nibelungenfestspiele (damals veranstaltet auf dem Kirchplatz der ehemals freien Reichsstadt) erneut Festspiele zustande, welche dieses Mal drei Tage umfassten. Basierend auf der historisch verbürgten Tatsache der Gründung der Gemeinde Hellertown in Pennsylvania/USA durch die Pfeddersheimer Auswanderer Simon Heller und Michael Knab, welche 1738 in Philadelphia ankamen, entwickelten die beiden KI-Mitglieder Jürgen Pfitzner und Michael Rohleder eine Geschichte, die alle Elemente eines Westerns beinhalten sollte.

Von tapferen Helden und ihren indianischen Blutsbrüdern über finstere Schurken bis hin zu mutigen Widerstandskämpfern für die Freiheit des unterdrückten Hellertown spannte sich der Bogen des Musikalischen Schauspiels „Showdown in Hellertown - Wie die Pfeddersheimer in den Wilden Westen kamen“.

Konzipiert als eine Art Persiflage auf das ganze Genre des Western wurde an zwei Abenden auf zwei großen Bühnen eine Mischung aus Theater, Revue, eigens umgetexteten Songs der Band sowie aufwändig hergestellten Videoclips, welche n die Handlung eingebaut wurden, eine Show geboten, welche nicht nur von den Zuschauern, sondern auch von der hiesigen Presse geradezu euphorisch begrüßt wurde. Mit verschiedenen Elementen aus Motiven der Literaturgeschichte (z.B. dem Grafen von Monte Christo) gelang eine unterhaltsame und abwechslungsreiche vierstündige Aufführung, die vor allem durch die Mitwirkung von über 100 Helferinnen und Helfern und vielen lokalen Bezügen das Zwerchfell des Auditoriums strapazierte. Abgerundet wurden die Festspiele mit einem Familientag am Sonntag, bei dem Spaß, Spiel und Unterhaltung im Western-Stil im Vordergrund standen.

Der Lokalredakteur der Wormser Zeitung, Roland Keth schrieb in seinem Kommentar zu dem durch Einwände von Naturschutzverbänden mehrfach auf der Kippe stehenden Event (Das Festspielgelände befand sich in der Mittelbergshohl am Ortsrand Richtung Leiselheim, wo die seltene Vogelart des Bienenfressers brütete und besonderen Schutzes bedurfte), man könne „nur seinen Cowboyhut ziehen, mit wie viel Herzblut, großem Engagement, erfrischender Ironie und kernigem Humor ein Stück Ortsgeschichte auf die Bühne gebracht“ worden sei.

Der ebenfalls anwesende Bundestagsabgeordnete Jan Metzler hob in seinem Dankesschreiben das auf „originelle Art und Weise in Szene gesetzten Thema, das seinesgleichen suche“ hervor. Das Organisationskomitee der Veranstaltung um Claus Theis, Detlef Kettner, Dr. Bernhard Knab, Jürgen Pfitzner, Michael Rohleder, Christine Rohleder-Ullmann und vor allem Simon Knab hat hier einen Meilenstein in der Geschichte der Kulturinitiative gesetzt!

Text: Jürgen Pfitzner

Fotos: Karolina Krüger, Andreas Stump

 

Vor 20 Jahren: Gemeinschaftsgeist führte zum Erfolg

Was kaum jemand erwartet hatte - das gelang vor 20 Jahren innerhalb einer Woche! Der dem Zerfall preisgegebene Pulverturm in der "Kleinen Burgstraße" wurde durch vorbildlichen Gemeinschaftsgeist zu einem Kleinod an der östlichen mittelalterlichen Stadtmauer. Bei der "Mach-Mit-Aktion", die die Landesschau des Südwestfunks initiiert hatte, haben viele Mitbürgerinnen und Mitbürger den Pulverturm denkmalgerecht restauriert: Mit großem Einsatz wurden das dichte Efeu-Kleid des Turmes entfernt, die Mauern frisch verfugt, ein Stirnkranz am oberen Turmrand neu aufgesetzt und mit einem eigens angefertigten Wasserspeier in acht Metern Höhe versehen, eine neue Tür eingesetzt und der baufällig gewordene Pulverturm insgesamt von Grund auf stabilisiert. Auch das Umfeld des Turmes wurde gesäubert und durch Grünanlagen passend gestaltet.

Die Landesschau des Südwestfunks brachte am 6. September 1996 um 19.00 Uhr eine Live-Sendung, die auch über Satellit und Kabel zu sehen war. In einer Feierstunde gab es dazu ein harmonisches Helfertreffen mit musikalischer Umrahmung durch den Gesangverein 1845 Pfeddersheim. Ortsvorsteher Alfred Haag konnte an den damaligen Eigentümer des Pulverturms, Peter Markowski, einen von Hand gefertigten Schlüssel für seinen restaurierten Turm überreichen, den Heinz Schneider extra angefertigt sowie das alte handgeschmiedete Schloss der Tür restauriert hatte. Aber bis es soweit war, galt es, vieles zu organisieren. Ortsvorsteher Alfred Haag und Dipl.-Ing. Volker Kokert waren ständig bemüht, das richtige Material, freiwillige Helfer und oft auch "gute Laune" für dieselben zu besorgen. Galt es doch, in kurzer Zeit eine große Aufgabe zu bewältigen. Es war sehr viele Arbeit für eine Woche! Simon Knab, von Beruf Architekt, koordinierte die ganze Woche über die Arbeiten am Bau, unterstützt von Maurer Erich Diehl, der fachmännisch die Maurerarbeiten ausführte und andere Freiwillige anleitete. Beim Helfertreffen konnte Ortsvorsteher Alfred Haag vielen seinen Dank ausrichten: Günther Becker, Robby Hornung, Ernst Laloi, Erhard Krautheim, Helmut Martin, Jürgen Pfitzner, Simon Knab, Michael Rohleder, Wolfgang Schick, Elisabeth und Gerhard Schick, Gerhard Schneider, Michael Antz, Gerhard und Werner Müller, Wolfgang Bickel, Uwe Seigies, Manfred Walter, Herbert Burgey, Gerhard Beyer, Andreas und Christian Merck sowie Mike Seelig von der Feuerwehr.

Allerdings wäre die ganze Aktion trotz aller freiwilligen Hilfe nicht gelungen ohne die Unterstützung einiger Firmen wie "Renolit", Bickel und Fischer (Grünanlage), Steinmetz Frank (Wasserspeier), Baugeschäft Tempel, Gerüstbau H. Stein, der Firma Deckert mit den Sandstrahlarbeiten und Volker Schmitt. Für das leibliche Wohl beim Festreffen sorgten die Metzgereien Lieb und Decker, Getränke Kromm, Bäckerei Moock, die Ortsverwaltung sowie Karin Hüther und Carl-Peter Werner. Beim Helferfest durfte Ortsvorsteher Alfred Haag auch noch Geldspenden für die Turmrestaurierung entgegennehmen: Die Landfrauen und der Wirtschafts- und Verkehrsverein spendeten jeweils den ansehnlichen Betrag von 1.000 DM und beim Fest kam noch eine stolze Summe hinzu. Ortsvorsteher Alfred Haag konnte schließlich mit großer Freude bekannt geben, dass insgesamt 11.500 DM für den Erhalt unserer historischen Bausubstanz zusammengekommen waren.

Das alles war vor inzwischen 20 Jahren ein Musterbeispiel für Gemeinschaftsgeist, Bürgerwohl und Respekt gegenüber historischer Bausubstanz von Alt-Pfeddersheim! In diesem Geiste sollte nun ernsthaft versucht werden, die leider jüngst entstandene "Bausünde" am Pulverturm - soweit es noch möglich ist - abzumildern und durch gestalterische Maßnahmen entlang der neuzeitlichen Bauten wenigstens optisch einigermaßen verträglich auszurichten.

Zu dieser nunmehrigen "Mach-Mit-Aktion" sollten sich möglichst viele Mithelferfinden und ihren jeweiligen Beitrag leisten - zur zukunftsorientierten und geschichtsbewussten Weiterentwicklung unseres alten historischen Ortskernbereichs von Pfeddersheim. Für künftige Gästeführungen sollte der Fußweg von den östlichen Wehrtürmen vom Eckturm über den Roten Turm zum Pulverturm im Bebauungsplan PFE 33 für das ehemalige Bundeswehrgelände ausgewiesen und durch eine geeignete Baumbepflanzung optisch markiert werden.

Text/Fotos: Felix Zillien

 

Stadtentwicklung & Baukultur in Pfeddersheim

Ein Trauerspiel in mehreren Akten

Kommentar von Simon Knab

Jedes Jahr nach dem Sommerurlaub hört man wieder die Stimmen, wie schön es doch in Südeuropa mit seinen herrlichen, alten Stadtvierteln und den lauschigen pittoresken Plätzen sei und dass es bei uns in Deutschland solche Ecken nur nochan wenigen Orten oder im Geschichtsbuch gebe. Diese Auffassung teilen leider viele unserer Zeitgenossen und haben inzwischen die Schönheit unserer unmittelbaren Heimat aus den Augen verloren. Man schweift heute in alle Ecken der Welt und bewundert überall die dortige Baukultur, doch zuhause werden bei Renovierungsarbeiten und Neubauten in erster Linie kostengünstige Lösungen ohne jeglichen ästhetischen Anspruch angestrebt. Die Politik wird nicht müde auf dringend notwendigen Wohnraum hinzuweisen und macht vor profitsüchtigen Investoren den Kniefall. Neubauten und Bebauungspläne werden hauptsächlich aus finanziell lukrativen Beweggründen gestaltet und denkmalpflegerische Aspekte oder geschichtlich wichtige Dinge als notwendiges Übel so lange ignoriert, bis die realen Bausünden errichtet sind und dann nur noch mit Efeu bepflanzt werden können, um besserauszusehen.

So geschehen am Pfeddersheimer Pulverturm im zweiten Halbjahr 2016. Gipfel dieser Geschmacklosigkeit war dann noch die scheinheilige Titelseite des Paternusboten, wo sich fast die kompletten Stadträte der SPD als Retter des Pulverturms ablichten ließ. Erst das Kind in den Brunnen fallen lassen und danach dies noch als politischen Erfolg verkaufen wollen. Hier fühlte man sich unweigerlich an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ erinnert. Soviel zur Glaubwürdigkeit unserer Politiker.

Es wäre endlich mal an der Zeit, diese politischen Ränkespiele nicht weiter zu Lasten der Allgemeinheit zu führen, sondern die Probleme unserer Stadtentwicklung sachlich und zweckdienlich anzupacken. Sollte es so weitergehen wie bisher, so wird das letzte Tafelsilber der alten Bausubstanz bald verschwunden sein. Unsere verantwortlichen Politiker sollten sich überparteilich für eine vernünftige Regelung im alten Ortskern einsetzen, um die letzten verbliebenen Reste der Pfeddersheimer Baugeschichte zu erhalten. Bereits 2004 hat der Frankfurter Stadtplaner mit Wormser Wurzeln, Torsten Becker, eine sehr fundierte Studie über den historischen Kern von Pfeddersheim verfasst, die seitdem leider ohne Anwendung in den Schubladen der Stadt Worms verschwunden ist.

Die Zeit ist nun reif, sich dieser Studie intensiv und mit Nachdruck zu widmen!


Denkmalschutz

-Kulturdenkmäler in Pfeddersheim-

Denkmalschutz ist Teil des Kulturgutschutzes. Maßnahmen, die zur Erhaltung und Sicherung von Kulturdenkmälern notwendig sind, bezeichnet man als Denkmalpflege, die zu den vielfältigen Aufgaben der Kulturinitiative Pfeddersheim e. V. gehört. Beim Denkmalschutz geht es entscheidend darum, kulturhistorisch wichtige Kulturdenkmäler und Gesamtanlagen nicht zu beschädigen oder gar zu zerstören, sondern dauerhaft zu erhalten.

Denkmalschutzgesetz

Die rechtliche Definition und Rahmenbedingungen für den Denkmalschutz sind durch das Denkmalrecht festgelegt. Das Denkmalschutzgesetz des Landes Rheinland-Pfalz regelt seit Mai 1978 den Denkmalschutz in Rheinland-Pfalz. Nach diesem Landesgesetz sollen Kulturdenkmäler unter anderem in die städtebaulichen Entwicklungen einbezogen und einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden. Eigentümer, Besitzer und Verfügungsberechtigte sind im Rahmen des Zumutbaren verpflichtet, Kulturdenkmäler zu erhalten und zu pflegen. Die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sind bei Maßnahmen und Planungen -vor allem bei der Bauleitplanung- zu berücksichtigen. Eigentümer und sonstige Verfügungsberechtigte haben Schäden und Mängel, die die Erhaltung von geschützten Kulturdenkmälern gefährden können, unverzüglich der unteren Denkmalschutzbehörde anzuzeigen. Sofern der Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals die Absicht hat, dieses zu veräußern, ist rechtzeitig die untere Denkmalschutzbehörde in Kenntnis zu setzen. Vor Abschluss des Kaufvertrags hat der Eigentümer den Erwerber darauf hinzuweisen, dass das zu verkaufende Objekt ein geschütztes Kulturdenkmal ist.

Wiederherstellung von Schäden

Das rheinland-pfälzische Denkmalschutzgesetz schreibt weiter vor, dass auf Anordnung der unteren Denkmalschutzbehörde entstandene Schäden an geschützten Kulturdenkmälern vom Verursacher zu beheben sind. Entsprechendes gilt, wenn eine beeinträchtigende Maßnahme am geschützten Kulturdenkmal ohne die erforderliche Genehmigung oder Anzeige durchgeführt worden ist. Auf Anordnung der unteren Denkmalschutzbehörde kann außerdem der Schadensverursacher verpflichtet werden, die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Bei Gefahr im Verzug kann die untere Denkmalschutzbehörde unmittelbar tätig werden und die Erhaltungsmaßnahmen nach den Bestimmungen des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes von einem Dritten durchführen lassen.

Liste der Kulturdenkmäler in Pfeddersheim

Die geschützten Kulturdenkmäler von Pfeddersheim sind in einer Liste aufgeführt. Neben allen mittelalterlichen Wehrtürmen und den noch vorhandenen restlichen Maueranlagen sind insgesamt genau 30 Einzeldenkmäler als geschützte Kulturdenkmale aufgeführt, die es für die Zukunft zu erhalten und zu pflegen gilt. Dazu zählen auch eine Reihe von Hofanlagen, von denen in diesem Beitragexemplarisch zwei dargestellt sind: Zum einen ist es die Hofanlage in der Burgstraße 9/Kleine Burgstraße 3. An diesem Standort wird die einstige mittelalterliche Burg vermutet. Die Hofanlage wird in ihrem Erscheinungsbild dem frühen 19. Jahrhundert zugerechnet. Hier ist noch ein Kellerabgang vorhanden mit der Jahreszahl xx87 (1587). Das seit langen Jahren leerstehende Wohnhaus weist Renaissance-Elemente auf. Als ein weiteres geschütztes Kulturdenkmal ist in der genannten Liste die Hofanlage Paternusstraße 26 aufgeführt. Dieses stattliche Gebäude aus dem 18. Jahrhundert zeigt ein barockes Wohnhaus, teilweise Fachwerk (verputzt) und wird durch ein markantes Mansard-Walmdach abgeschlossen.Für die künftige städtebauliche Entwicklung im historischen Ortskernbereich von Pfeddersheim sollte es das Anliegen der verantwortlichen Behörden und Stellen sein, alle geschützten Kulturdenkmäler sehr behutsam in die künftige Ortsentwicklung einzubeziehen.

Text/Fotos: Felix Zillien

Kuriositäten & Anderes Vorsicht Satire !

Wie Bollidick funkzioniert…

Wie de Schorsch neilich schpät obens hamkomme is, hot er feschtgestellt, dass die Schtroßelamp vor seim Haus nemme brennt. Alla gut, am negschte Moie ruft er bei de Ortsverwaltung a, um des zu melde. Die Segredärin vum Ortsvorsteher hot ehm gsaat, er soll doch bei de Schtadt arufe, dene des genau erkläre und hotehm die Nummer gewwe. Do hot sich de Schorsch schunn emol uffgrescht, warum die des net mache un hot die Schtadt net agerufe. Die vunn de SPD machemol widder nix, hot er geschennt. Do is ehm eigfalle, dass de Sascha, de Sohn vum Willem beim Wahlkampf fer die CDU gesaat hot, mer kann sich immer an ihn wende, wann ebbes net stimmt. Eer hot ehn gewählt un de Sascha is in de Ortsbeirat kumme. Do hot er den aogerufe, ihm des erklärt un furchtbar uff die SPD geschennt. „Ich kimmer mich drum“ hot de Sascha gesaat. In seiner Frakzionssitzung vor de negschte Ortsbeiratsitzung hot de Sascha des dann vorgebrocht un die hen an Aatrag formuliert fer die negscht Sitzung. „Reperatur der Straßenlaterne vor dem Haus von Schorsch“. Die vunn seiner Fraktion war‘n alle devor, dem Ortsvorsteher aons auszuwische. Bei de negschte Sitzung henn se des dann vorgebrocht, awwer der Ortsvorsteher hot des abgelehnt, weil se net devor zuständig sinn un mit seiner Frakzion henn se den Aatrag abgelehnt. Jetzt warn vier Woche vorbei un die Lamp hot immer noch net gebrennt. Do drufhie hot de Sascha dann oaner vunn seiner Fraktion, der im Schadtrat hockt, agerufe, en veaolasst, des im Stadtrat vorzubringe, awwer do wars schunn zu schpät, weil oaner vunn de SPD des geahnt hot un selwer beim zuschtändische Amt agerufe hot. Drei Dach später sinn se kumme un hänn die Lamp rebariert. Jetzt glaabt de Schorsch, es wär de Sacha gewese un verzehlt iwwerall rum: „Siesches, mer muss bloß mit de Opposizion redde un schun bassiet was.

So funkzioniert bei uns die Bollidick!“

Text: Gerhard Haupt

Schlusswort des Redaktionsteams:

Mit der vorliegenden ersten Ausgabe des „Pedderschmer Kulturforums“ möchten wir neue Wege der lokalen Berichterstattung einschlagen.Wir legen Wert auf eine unabhängige, nicht parteigebundene Berichterstattung, die gerade kritische und sensible Themen des lokalen Geschehens in der notwendigen Offenheit unzensiert darstellt. Eine Ortsgemeinschaft funktioniert nur dann als wirkliche Gemeinschaft, wenn die Sache, um die es geht, an vorderster Stelle steht und keinerlei parteipolitischen Ränke- und Machtspielen zum Opfer fällt. Dies war in der jüngsten Vergangenheit leider sehr oft der Fall und wir möchten hier bewusst einen adäquaten Gegenpol setzen. Wir danken allen Freunden, Gönnern, Helfern, Sponsoren und Unterstützern, die zum Gelingen dieses Mitteilungsblatts beigetragen haben und gedenken   gleichzeitig all derer, die immer wieder versuchen uns mehr oder weniger erfolgreiche Steine in den Weg legen. Gerade diese Schwierigkeiten sind für uns Ansporn und Verpflichtung für zukünftige Aufgaben und bestärken uns darin, das Geschehen in und um Pfeddersheim intensiv zu beobachten und unsere Sichtweise hierzu gegebenenfalls deutlich zu kommentieren. Unterstützen Sie die Kulturinitiative Pfeddersheim e.V. bei ihren Veranstaltungen und Aktivitäten und tragen Sie mit dazu bei, das kulturelle Erbe unserer Heimatstadt zu erhalten und in angemessener Weise in die Zukunft zu transportieren. Interessierte finden auf unserer Homepage stets Berichte über unsere derzeitigen Aktivitäten und geplanten Vorhaben. www.akpfeddersheim.de

Wenn Sie sich fragen:“Wie kann ich da mitmachen?“ Ganz einfach, nehme Sie Kontakt zu uns auf, per Telefon, Mail oder persönlich. An unseren offenen Vorstandssitzungen, für gewöhnlich in unserem Vereinslokal „Zur Rose“, können interessierte Gäste immer teilnehmen. Gerne würden wir auch Sie in unserem Verein willkommen heißen!

Impressum:

Herausgeber: Kulturinitiative Pfeddersheim e.V.

Redaktionsteam: Claus Theis, Simon Knab, Gerhard Haupt, Dr. Elisabeth

Schick, Jürgen Pfitzner, Felix Zillien

Satz und Gestaltung: Simon Knab

Druck und Verarbeitung: Die Satzbude, Martin Schulze, Hemsbach

Kulturinitiative Pfeddersheim bleibt bei ihrer Forderung für eine Satzung

Nachdem der Ortsbeirat in seiner letzten Sitzung mit den Stimmen der SPD einen Antrag zur Errichtung einer Altstadtsatzung abgelehnt hat, will die Kulturinitiative, die diesen Antrag initiiert hatte, weiter bei ihrer Forderung bleiben. Vor der Beschlussfassung äußerten alle Fraktionen die Notwendigkeit einer Satzung, daher war die Ablehnung des Antrages durch die SPD-Fraktion kurzsichtig und nicht nachhaltig für die Zukunft.Das Bauamt der Stadt soll mit Hilfe dieser Satzung unterstützt werden, nicht ins Ortsbild passende Bauten genehmigen zu müssen, weil es nach der bestehenden Bauordnung keine Handhabe dazu hat.

Die Baugesetze lassen viele Möglichkeiten zu.

Da es keine Satzung nach § 88 LBauO gibt, bleibt der Bauaufsicht keine Wahl, als das Bauvorhaben nach den Vorstellungen der Bauherren zu genehmigen.

In der Broschüre „Leitbild 2025“ für Pfeddersheim, das an alle Einwohner verteilt wurde, steht: „Um den historischen Charakter des Ortskernes zu erhalten gilt eine umfassende Gestaltungssatzung […]“

Das Beispiel Paternusstraße 23 zeigt, dass die bestehenden Vorschriften nicht ausreichen und die Bauaufsicht vor einer Ermessensentscheidung steht bei der Auslegung des § 34 (BBauO). Unverbindliche Verabredungen sind nicht tragfähig. Nur eine Satzung bringt Investitionssicherheit für beide Seiten.
Die historische Altstadt von Pfeddersheim ist ein kulturelles Erbe, das erhalten und verbessert werden soll. Es geht um die Sicherung von gestalterischen Qualitäten im Sinne eines harmonischen städtebaulichen und architektonischen Stadtbildes.

Es gibt Bauten und ehemalige Bauernhöfe, die in kurzer Zeit Investoren auf den Plan rufen werden. Es geht um die Glaubwürdigkeit von Aussagen der Kommunalpolitiker und die Lebensqualität in Pfeddersheim. Deshalb ist eine Satzung (unter welchem Namen auch immer)wünschenswert, sinnvoll,notwendig, legal und legitim.

In unserer nächsten Umgebung gibt es viele Beispiele für Altstadtsatzungen. Diese Gemeinden profitieren davon, erhalten ihren Charakter und locken die Touristen an.

Eine solche Satzung muss nicht ins kleinste Detail gehen und die Gestaltung von Türschlössern vorschreiben (übertrieben gesagt), wenige Punkte genügen. Die Bauherren und ihre Architekten lassen sich in einem Bratungsgespräch gerne überzeugen, dass auch sie davon profitieren. Die Beispiele beschreiben den Erfolg ihrer Beratungsgremien, die mit Mitgliedern der politischen Gremien, der Verwaltung und betroffenen örtlichen Vereinigungen besetzt sind – und ehrenamtlich arbeiten. Deshalb ist die Begründung der Ablehnung im Ortsbeirat mit Kosten und Personalnot nicht haltbar, bei vielleicht drei oder vier relevanten Projekten pro Jahr.

Das Beispiel des Bebauungsplans für das ehemalige Bundeswehrgelände, der in der vorletzten Ortsbeiratssitzung behandelt wurde, zeigte, dass die jetzt beginnende Offenlegung keinen Sinn mehr macht, da schon alle Einzelheiten mit dem Investor vertraglich festgelegt wurden. So kann es nicht bleiben; das ist zutiefst undemokratisch.

Deshalb bleibt die Kulturinitiative bei ihrer Forderung für eine Altstadtsatzung.

Die Bilder zeigen eine gelungene Restaurierung eines ehemaligen Bauernhofs durch Familie Dr. Schaab in der Paternusstraße 48.

 

Die Pfeddersheimer Synagoge

Einführung:

Die Geschichte der Pfeddersheimer Juden ist repräsentativ für die vielen jüdischen Landgemeinden, die es früher einmal bei uns gegeben hat und die spätestens in der Schreckenszeit des Nationalsozialismus ausgelöscht wurden. In Pfeddersheim blieb jedoch das Synagogengebäude erhalten und der geschändete Friedhof konnte wiederhergestellt werden. Akten über die Gemeinde sind auch noch vorhanden und werden im Wormser Stadtarchiv aufbewahrt. Im 19.Jh. wurde die Gemeinde gegründet, die Synagoge gebaut und der Friedhof angelegt, das Gemeindeleben ist anhand von Dokumenten nachvollziehbar, und schließlich kam es im 20.Jh. zum Niedergang.

Auf dem Land findet man Juden generell erst nach den Pestepidemien des 14.Jh. In Pfeddersheim stammen die ersten Nachrichten aus dem 15.Jh. Schon vor 1444 lebten Juden in der Stadt. Der Rat erklärte 1466 dem Kurfürsten von der Pfalz deren Zuzug damit, daß die Pfeddersheimer Bürger für ihre Geldgeschäfte, zum Geldleihen, nicht mehr "nach Worms unter die Juden zu laufen" hätten.

Ursprünglich waren die Pfeddersheimer kurmainzische Schutzjuden und ab 1465 kurpfälzische, sie befanden sich in einem Schutzverhältnis zum Stadtherren, der ihnen eine Aufenthaltsgenehmigung ausstellte. Vor Gericht und auch während der Berufsausübung wurde die Leistung des "Judeneides" von ihnen verlangt. Nachrichten darüber stammen vor allem aus den Gerichtsbüchern, aber auch aus den Ratsprotokollen. 1470 mußten die Pfeddersheimer Juden im Zuge einer Judenaustreibung aus der gesamten Kurpfalz die Stadt verlassen und erst zur Mitte des 16.Jh. tauchen sie wieder auf. Seit Ende des 30jährigen Krieges 1648 finden sich durchgehend Nachrichten über jüdische Familien in Pfeddersheim. Vorwiegend waren sie Metzger, außerdem gab es Viehhändler, Geldverleiher und Kleinkramhändler.

In zahlreichen Verordnungen wurden die Rechte und Pflichten der jüdischen Bevölkerung festgehalten. Darin wurde gefordert, daß die Juden zur Vermeidung von Mißverständnissen ihren Schriftverkehr und ihre Geschäftsbücher in deutscher Sprache führen müssen, keine Güter erwerben und keinen Wucher treiben dürfen. Besonders aus der Zeit des Pfälzer Kurfürsten Carl Theodor im 18.Jh. sind sie erhalten.

Um 1650, vermutlich 1652, gründeten fünf Pfeddersheimer Juden, wahrscheinlich waren es fünf jüdische Männer mitsamt ihren Familien, die jüdische Gemeinde Mannheim, in der es heute noch ein blühendes Gemeindeleben gibt.

Ein Synagogengebäude, eine Gemeinde mit Rabbiner und einen eigenen Friedhof hat es in Pfeddersheim vor dem 19.Jh. nicht gegeben. Aus den Rats- und Gerichtsprotokollen geht nicht immer hervor, ob genannter Jude tatsächlich im Ort wohnhaft war. Daher läßt sich nur schwer ein Bild über einzelne Familien und ihr Leben entwickeln. Eine Veränderung tritt in napoléonischer Zeit ein. Die Juden erhielten des Bürgerrecht und mußten bürgerliche Namen annehmen.

Durch ein Dekret Napoléons von 1808 wurde das religiöse Leben durch eine Verwaltung geregelt. Der oberste Sitz war in Paris, für das Departement Donnersberg war Mainz zuständig. Die Korrespondenz wurde bisweilen auch mit Speyer geführt.

Aufschlußreich ist eine Erfassung der Juden im Kanton Pfeddersheim von 1815. Dazu gehörten die Orte Pfeddersheim, Herrnsheim, Offstein, Hohen-Sülzen, Monsheim, Heppenheim, Pfiffligheim, Leiselheim, Kriegsheim, Mölsheim, Horchheim, Wachenheim, Gundersheim, Nieder-Flörsheim. Insgesamt 376 Juden lebten hier. Es gab keine Lokal-Synagoge und Rabbiner, sondern nur „Schulen“, die als Gottesdienst- und Versammlungsräume zu verstehen waren. Die Juden gingen entweder nach Worms zur Synagoge mit Rabbiner Isaac Cahn oder zu der in Grünstadt mit Rabbiner Leopold Rosum. Die Pfeddersheimer gehörten zur Lokal - Synagoge Worms und zur Schule in Pfiffligheim.

Im Februar 1834 beantragten die Israeliten von Pfeddersheim bei der Großherzoglichen Provinzial-Direktion die Bildung einer eigenen Religionsgemeinde und im Mai wurde der Gemeindevorstand bereits bestätigt. Damit hatte die israelitische Gemeinde jetzt eine Rechtsform und eine der Konsequenzen war, daß sie alljährlich einen Haushalt aufstellen und dem Bürgermeister bzw. dem Kreisrat vorlegen mußte. Diese Unterlagen sind für die Jahre 1834-1840 weitgehend erhalten und geben einen guten Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse und das Eigentum der Gemeinde.

Nach den genannten Unterlagen von 1815 gehörten die Pfeddersheimer Juden zu Pfiffligheim, seit Dezember 1842 zählten die Pfiffligheimer Juden zu Pfeddersheim. Die Gemeinde stellte einen Religionslehrer für die religiöse Erziehung der Kinder ein, die außerhalb des regulären Schulunterrichts stattfand und von den Eltern an die Gemeindekasse bezahlt wurde. Der Lehrer, ein gebildeter Mann, der die hebräische Sprache gut beherrschte, fungierte in der Regel auch als Vorsänger im Gottesdienst.

Synagoge:

Die jüdische Gemeinde Pfeddersheim wurde zwar erst 1834 gegründet, doch schon vorher feierten die Pfeddersheimer Juden gemeinsam ihre Gottesdienste. David Michel, der 1834 Päses der Gemeinde wurde, ist 1830 die Verbindlichkeit eingegangen, die Gottesdienste für 10 Jahre unentgeltlich in seinen Haus abhalten zu lassen. Im April 1834 ist es der Gemeinde gelungen, ein Hofanwesen mit Nebengebäuden zu erwerben, um hier eine Synagoge einzurichten. Im April 1835 wird der Gemeinde vom Kreisrat genehmigt, die nicht zum Synagogenbau benötigten Gebäude- und Grundstücksteile verkaufen zu dürfen, mit der Zusage auf einen Zuschuß von 50 Gulden für den Synagogenbau durch den Präses David Michel. Auch wurde der Gemeinde im Mai 1835 genehmigt, den für den Umbau zur Synagoge vorgesehenen Komplex vorläufig zu verpachten, den Mietern im zukünfigen Synagogengebäude soll jedoch alsbald aufgekündigt werden und für die geplante Baumaßnahme soll alsbald ein Voranschlag erstellt werden. Es handelt sich hierbei um das Grundstück östliche Ecke Karlstraße/Metzgergasse. Doch im September wurde dem Gemeindevorstand aus finanziellen Gründen aufgetragen, das Haus "solange weiterhin zu verpachten, als der Präses die Verbindlichkeit hat, die Synagoge unentgeltlich in seinem Hause zu behalten".

Rechtzeitig vor Ablauf des Abkommens mit David Michel 1840 wurde der Synagogenbau geplant, aber erfolglos. Im September 1838 wurde ein Kostenvoranschlag durch einen Pfeddersheimer Zimmermeister erstellt. Die Versteigerung der im Kostenvoranschlag aufgeführten Arbeiten wurden im August 1839 durchgeführt. Der Pfeddersheimer Maurer Peter Berkes steigerte die Steinhauerarbeit, die Maurerarbeit, die Zimmerarbeit und die Schreinerarbeit. Die Glaserarbeiten gingen an Nikolaus Horn und die Schlosserarbeiten an Franz Tellenhoefer. Das Protokoll wurde im Oktober 1839 vom Bürgermeister an den Kreisrat weitergeleitet, doch von diesem wegen Verfahrensfehler nicht genehmigt. Im November 1839 machte der Kreisrat Druck, die Versteigerung jetzt korrekt durchzuführen, doch mittlerweile hat sich die Situation geändert. Der Vorstand der israelitischen Gemeinde bat vielmehr den Bürgermeister, die anstehende Versteigerung noch zu verschieben, weil "... derselbe die Aussicht habe, dieses Haus, das sich doch nicht vollkommen zu dem bestimmten Zwecke eignet, mit Vorteil verkaufen und dafür ein geeigneteres Lokal ankaufen zu können ...". Es ergaben sich weitere Verzögerungen.

Erst am 11.Oktober 1842 erfolgte durch Notar Pauli der Verkauf einer Hofraithe mit Garten von Georg Gatthöfer an die israelitische Gemeinde in Pfeddersheim. Es handelt sich um das Grundstück der erhaltenen Synagoge in der heutigen Kleinen Amtshofstraße 9. Das ehemals für eine Synagoge geplante Anwesen Ecke Karlstraße/Metzgergasse wurde von Notar Pauli im Auftrag der Gemeinde versteigert.

Am 2.Dezember 1842 erfolgte die Versteigerung der Arbeiten für die Synagoge, Jakob Lucht ersteigerte die Dachdeckerarbeit und Heinrich Hoch die Weißbinderarbeit, beide sind aus Worms. Die übrigen Arbeiten gingen an Pfeddersheimer Handwerker. Die Schreinerarbeiten für die Bestuhlung führte Schreinermeister Jakob Kaibel aus Worms im Juli 1843 aus in Zusammenarbeit mit einem Tüncher, der für den Ölfarben-Anstrich zuständig war.

Bald darauf muß die Synagoge fertiggestellt gewesen sein, denn noch im gleichen Jahr wurden die Stühle an die Gemeindemitglieder versteigert. Etwa 60 Jahre lang wurde sie von der Pfeddersheimer jüdischen Gemeinde regelmäßig für Gottesdienste genutzt.

Die Synagoge, am Ende der heutigen Kleinen Amtshofstraße, früher Synagogengasse genannt, ist über einen Hof zugänglich. Es ist ein nahezu quadratisches verputztes Gebäude mit Satteldach, nach Osten bzw. Jerusalem orientiert. Beide Langseiten im Norden und Süden sind durch jeweils drei rundbogige Fenster mit Sandsteinrahmung gegliedert. Innen an der Ostwand, in der Mittelachse, befand sich der von Säulen flankierte Aron (Wandnische) für die Torarolle, die Kapitelle und Basen sind noch auf dem Grundstück erhalten. Im jetzigen Dachgeschoß der Synagoge ist der obere Teil der Aronnische noch sichtbar, daneben jeweils ein weiteres Fenster. Als Decke war ein hölzernes Tonnengewölbe eingezogen, das teilweise noch erhalten ist, und im Westen befand sich die vergitterte Frauenempore. Der obere Teil der von der Decke abgehängten hölzernen Trennwand ist mit seinen Verzierungen erhalten geblieben. Westlich angebaut ist das niedrigere, eingeschossige Haus des Lehrers, durch dessen Flur man den Hauptraum der Synagoge wie auch die Empore erreichte. An die ehemaligen jüdischen Bewohner erinnert der Rest der Mesusa am Rahmen der Eingangstür zur heutigen Küche.

Bis zum 1.Weltkrieg wohnte hier der jüdische Religionslehrer, und es wurden regelmäßig Synagogengottesdienste gehalten. Danach ging die Anzahl der männlichen Gemeindemitglieder so stark zurück, daß nicht einmal mehr der erforderliche Minjan vorhanden war um Gottesdienste abzuhalten; das Gebäude blieb fortan weitgehend ungenutzt. 1921 feierte hier die Pfeddersheimerin Ella Kehr ihre Hochzeit mit David Rosenfeld, das war die letzte rituelle Handlung. Die Lehrerwohnung hatte bereits während des 1.Weltkriegs christliche Bewohner bekommen. In der Reichspogromnacht 1938 wurde das Gebäude nicht geschändet oder in Brand gesteckt. Der Grund dürfte darin zu suchen sein, daß es nicht mehr kultisch genutzt wurde, obwohl es noch Eigentum der nicht mehr existierenden Gemeinde war. Ein Feuer hätte ein zu großes Risiko für die Umgebung bedeutet. Am 21.März 1941 wurde dann das Anwesen an die Eheleute Karl Jakob Selzer verkauft und landwirtschaftlich genutzt. Eine Beton - Zwischendecke wurde eingezogen, das Obergeschoß diente als Fruchtspeicher, das Erdgeschoß als Stall. Um 1980 kam das Gebäude an das Weingut Streuber, notwendige Reparaturarbeiten wurden durchgeführt. Der Erdgeschoßraum diente als Weinprobierstube und für Gesellschaften. Im Dach wurden bei Aufräumungsarbeiten Reste von hebräischen Schriften und ein Gebetsriemen gefunden. Diese befinden sich im Stadtarchiv Worms. Die Kultgegenstände sollen angeblich in der NS-Zeit dem Gemeindemitglied Emil Wiener nach Frankfurt nachgeschickt worden sein, sind aber nicht mehr auffindbar.

Nachdem das –wohl ursprüngliche- Dach mit seinen Biberschwanzziegeln undicht geworden ist, wurde 2002 eine Sanierung notwendig. Der Dachstuhl des Lehrerhauses mußte erneuert und das der Synagoge ausgebessert werden. Zur Hofseite wurden alte Ziegel wiederverwendet, um das Bild zu erhalten. Unterstützt wurde die Maßnahme vom Landesamt für Denkmalpflege. Im Erdgeschoßflur des Lehrerhauses wurde das Holzgewände der ursprünglichen Eingangstür zur Männersynagoge wiederentdeckt und soll künftig auch sichtbar bleiben. Im Obergeschoß, unter der Dachschräge mit Kniestock, wurden die drei kleinen, an den Flur angrenzenden Räumchen zu einer geräumigen Stube zusammengezogen. Die Treppe zum Obergeschoß ist erneuerungsbedürftig. Im Synagogengebäude sollen die Fenster erneuert werden.

Die Pfeddersheimer Synagoge, wenngleich ein unauffälliges und schmuckloses Gebäude, ist in ihrer Art eine typische Landsynagoge wie es sie in zahlreichen Orten gegeben hat, aber heute zählt sie zu den ganz wenigen erhaltenen, zudem ist sie in ihrem äußeren Aussehen noch weitgehend unverfälscht. Hierin begründet sich ihr Wert und ihre Bedeutung. Deswegen wurde sie auch förmlich unter am 23.04.1986 unter Denkmalschutz gestellt.

Synagogenordnung:

Für den geregelten Verlauf der Gottesdienste und zur Vermeidung von anderen Störungen in der Synagoge wurde von der jüdischen Gemeinde bereits im März 1838 eine Synagogenordnung erstellt. Damals wurden die Gottesdienste in einem Sälchen im Privathaus von Präses Michel abgehalten.

Synagogenordnung:

Bestimmung zur Handhabung der Ordnung in der israelitischen Synagoge, und der Erhaltung der, der Religion gebührenden Achtung und Würde.

§ 1 Die Handhabung der Ordnung beim Gottesdienst in der Synagoge steht dem Gemeindevorstand oder dem von ihm Kommittierten zu; an Sabbat- und Festtagen wird daher wenigstens ein Mitglied desselben in der Synagoge gegenwärtig sein.

§ 2 Jeder, welcher zum Gottesdienst kommt, hat anständig gekleidet in der Synagoge zu erscheinen, keinesfalls darf jemand mit einem Kittel erscheinen.

§ 3 Während des Gottesdienstes muß die vollkommenste Ruhe in der Synagoge herrschen, jede weltliche Unterhaltung im Inneren der Synagoge ist untersagt.

§ 4 Eltern und Vormünder welche Kinder in die Synagoge einführen, haben dieselben stets bei sich zu halten bis sie das dreizehnte Jahr zurückgelegt haben, und sind für deren gute Aufführung verantwortlich.

§ 5 Das Aufsetzen einer sogenannten breiten Haube ist nur dem Vorsinger erlaubt.

§ 6 Das Gebet für Seine Königliche Hoheit den Großherzog und seine Familie wird in Deutscher Sprache nach der Norm, wie in der Stadt Worms abgehalten.

§ 7 Niemand darf ein anderes Gebet für sich in der Synagoge anfangen, damit es keine Störung im Gottesdienst gibt.

§ 8 Es darf während dem Gottesdienst niemand seinen Platz verlassen, außer jener der zur Tora gerufen wird.

§ 9 Niemand darf währenddem der Vorsinger im Gebet ist, vorsprechen oder mitsingen.

§ 10 Es dürfen keine Eltern während dem Gottesdienst ihren Kindern Gebete laut vorsagen.

§ 11 Das Versteigern von gottesdienstlichen Funktionen in der Synagoge höret, sobald das Reglement über den einzuführenden Turnus vollendet sein wird auf.

§ 12 Der öffentliche Gottesdienst wird durch Anschlagzettel an der Synagoge, oder durch zusammenrufen bekanntgemacht.

§ 13 Der Gebrauch daß die Kinder männlichen Geschlechts am ersten Sabbat nach erreichtem dreizehnten Jahr selbst den Tagesabschnitt aus der Tora ablesen, ist dahin abgeändert, daß sie nur den Abschnitt aus der Tora vorlesen zu dem sie gerufen werden.

§ 14 Es dürfen sich während des Gottesdienstes keine Männer zu den Frauen begeben um Debatten aufzusuchen.

§ 15 Derjenige der zum Aufrufen der Tora bestimmt, darf nicht außer der Reihe aufrufen, sondern wie es vorgeschrieben ist, davon darf nicht abgegangen werden, auf Sabbat, oder an Festtagen darf kein Fremder der nicht zur Gemeinde gehört zur Tora aufgerufen werden.

§ 16 Das Versammeln auf offener Straße, so wie auch alle Privatversammlungen zu religiösen Handlungen ist schon durch die allgemeine Gesetzgebung verboten; jede Zuwiderhandlung soll daher der kompetenten Zivilbehörde angezeigt werden.

 

Gegenwärtige Anordnung soll dem Herrn Kreisrat zur Genehmigung übersandt werden, und tritt vom Tage der erfolgten Genehmigung in Wirksamkeit.

Pfeddersheim am 2ten März 1838 unterschrieben sind H. Löb Präses, L. Michel und St. Hesselberger Mitglieder des Vorstandes.

Gesehen und genehmigt Worms den 15ten März 1838. Großherzoglicher Hessischer Kreisrat des Kreises Worms unterschrieben Staedel

Für gleiche Abschrift Der Präses H. Löb

Immer wieder waren Verletzungen der Synagogenordnung zu verzeichnen. Mehrfach wurden zwischen 1844 und 1860 Vergehen geahndet, bekannt sind die Namen und die Höhe der zu entrichtenden Strafe, doch nicht das eigentliche Vorkommnis. Ein Fall, 1844 geschehen, ist näher überliefert: Abraham Emanuel hat 1843 zwei Stühle (gepachtete Sitzplätze) für sich und seine Frau in der Synagoge durch Emanuel Hesselberger ersteigern lassen und die Pacht bezahlt. Doch hat Hesselberger einmal diesen Platz selbst eingenommen, so daß sich Emanuel auf einen fremden Platz setzen mußte. Er empfand dies als Zuwiderhandlung gegen die Synagogenordnung wie auch als Beleidigung vor der versammelten Gemeinde.

Gottesdienst und Religionsausübung:

Die jüdische Gemeinde in Pfeddersheim hatte zwar eine Synagoge, doch niemals einen Rabbiner. Dieser war für das normale Gemeindeleben nicht erforderlich. Das Judentum ist eine reine Laienreligion. Man kann einen regulären Gottesdienst feiern, wenn zehn erwachsene Männer (Minjan) anwesend sind (nach religiösem jüdischen Recht ist ein Mann mit 13 Jahren erwachsen). Benötigt wird eine Torarolle (sie enthält die fünf Bücher Moses). Der Gottesdienst findet mit Ausnahme der Predigt, die jedoch entbehrlich ist, in hebräischer Sprache statt. Geleitet wird er von einem Vorsinger (Kantor), einem Mann, der die hebräische Sprache gut beherrscht und über eine gewisse religiöse Bildung verfügt, die ihn zu dieser Aufgabe befähigt. Er war meist auch der Religionslehrer für die jüdischen Kinder und unterrichtete sie in Hebräisch. Der Höhepunkt des Sabbatgottesdienstes ist die Lesung des vorgeschriebenen Wochenabschnitts aus der Tora durch sieben der anwesenden Männer. Der jüdische Gottesdienst ist an kein bestimmtes geweihtes Gebäude gebunden. Sobald eine Gemeinde eine gewisse Größe und Ansehen erreicht hat, war es üblich, daß man sich eine Synagoge errichtet hat. Oft wird die Synagoge mit dem jiddischen Begriff „Schul“ bezeichnet und beschreibt sie damit viel treffender als Gottesdienst-, Unterrichts- und Versammlungsort. Ein Synagogengebäude kann nach jüdischem Recht durchaus verkauft und aufgegeben werden. Eine Synagoge kann man daher nicht mit einer christlichen Kirche vergleichen. Dagegen ist die Torarolle eine geweihte, heilige Schrift. Sie ist unschwer transportabel und eine jüdische Gemeinde ist dadurch immer flexibel. Den Rabbiner kann man zudem in seiner Funktion nicht mit einem christlichen Pfarrer vergleichen. Er ist ein Rechtsgelehrter für das religiöse Recht und wird bei entsprechenden Streitfragen zu Rate gezogen bzw. ist für einen religiösen juristischen Akt wie etwa die Ausfertigung eines Ehevertrags zuständig. Bei besonderen Gottesdiensten hält er die Predigt und kann auch andere liturgische Funktionen wahrnehmen. Hat eine Gemeinde ohne Rabbiner – und das traf für nahezu alle Landgemeinden zu - tatsächlich einen Rabbiner benötigt, dann hat man ihn in der zuständigen städtischen Gemeinde aufgesucht oder hat ihn zu sich in den Ort eingeladen. So wandten sich die Pfeddersheimer Juden an den Wormser Rabbiner.

                                                                                                                                 Irene Spille

Literatur:

Irene Spille: Juden in Pfeddersheim im 19. und 20.Jahrhundert, Darstellung der Geschichte der Gemeinde, der Synagoge und des Friedhofs in: Der Wormsgau Wissenschaftliche Zeitschrift der Stadt Worms und des Altertumsvereins Worms e.V., 18.Bd. 1999, S. 179 – 220 (dort weitere Quellen- und Literaturhinweise).

Irene Spille: Worms – Pfeddersheim, Köln 1988 (Rheinische Kunststätten Heft 328).

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