Baddo oder Paternus: Wer war der Namenspatron von Pfeddersheim?

Der Streit um die Herkunft des Namans von „Pfeddersheim“ schwelt schon länger: Die Einen behaupten, ein lateinischer Paternus sei der Namenspatron, nach Meinung Anderer soll ein Franke namens Baddo der Namensgeber sein. Müssen die Pfeddersheimer jetzt umlernen?

Viele Namen für den gleichen Ort

Die älteste urkundliche Erwähnung, auf die sich die Pfeddersheimer Geschichte bezieht und die mehr als 1250 Jahre zurück liegt, zitiert den Namen Paterno Villa , den heute ein Gebäude der alten Schule ziert. Jeder, der von Mörstadt kommt, kann ihn dort lesen. Damals, im Jahre 754, stand er in einer Urkunde des Klosters Gorze, das ist ein Ort in der Nähe von Metz in Frankreich und ziemlich weit weg. Schon zwölf Jahre danach wird der Ort in einer Urkunde des Klosters Lorsch Phetersheim genannt. Wieder fünf Jahre später schreibt ein bischöflicher Notar in Mainz von Patronivilla und ein aus Gorze stammender Schreiber in Lorsch bleibt bei Paterno uilla. Zwanzig Jahre später, wir sind im Jahre 791, notiert der Schreiber eines Grafen in Dalsheim den Namen Pataranesaim. Das hindert die Mönche in Gorze nicht daran, bei ihrer Version zu bleiben und sie notieren im Jahre 882 Paternisvilla. Spätere welt­liche Urkunden ab dem Ende des zwölften Jahrhunderts zeigen die Namen Petternsheim, Petrinsheim, Peder­nesheim und Petherinsheim. Schon dem Laien fällt auf, dass hier offensichtlich eine getrennte Entwicklung der Namen stattfindet. In den Klöstern und in größerer Entfernung bleibt man bei den lateinischen Formen, im weltlichen Bereich und in der Umgebung ändert sich der Name durch den Sprachgebrauch der weitestgehend analphabetischen Bevölkerung.

Sollte sich Pfeddersheim von Paternus verabschieden?

Dr. Mathilde Grünewald zitierte in einem Vortrag beim Arbeitskreis für Kultur- und Landschaftspflege im Oktober 2004 die These des Germanistik­professors Henning Kaufmann, der in seinem Buch über Rheinhessische Ortsnamen aus dem Jahre 1976 die These von Dr. Willi Alter (in „1200 Jahre Pfeddersheim“) und anderen verwirft, wonach der Name von einem gewissen Paternus käme. Nach seiner Deutung ginge der Name auf den germanischen Namen Bado und dessen Nebenformen Baddo oder Batto zurück. Was die Mönche schrieben, seien „kanzleimäßige Latini­sierungen“.

Den Arbeitskreis hat dies nicht ruhen lassen. Der Wormser Dr. Hans Ramge, Professor für Germanistik in Giessen und bekannt durch sein Werk über Rhein­hessische Flurnamen, vermittelte die Information von den beiden renommiertesten Kennern der Siedlungsnamen in Westdeutschland: die Professoren Albrecht Greule der Universität Regensburg und Wolfgang Haubrichs der Universität Saarbrücken.

Auch die Forscher können keinen Zeugen befragen; sie treffen ihre Schlussfolgerungen aus Analogien, also gleichen oder ähnlichen Entwicklungen anderer, viel­leicht besser dokumentierter Namen.

Zwei Namen laufen parallel

Wie ist es zu erklären, dass zwei offensichtlich verschiedene Namensformen fast sechs Jahrhunderte lang parallel verwendet werden? Uns ist schon aufgefallen, dass eine Form im klösterlichen und weiter entfernten Raum benutzt wurde, während die andere im weltlichen und näheren Bereich öfter vorkommt. Professor Haubrichs erklärt dies mit Beispielen, die uns auch heute noch geläufig sind: wir sagen „Mailand“, die Italiener „Milano“, wir sagen „Mainz“, die Franzosen „Mayence“, so wie sie statt „Trier“ „Trèves“ schreiben. Die Sprachwissenschaftler nennen dies Namen „Exonyme“, also die fremdsprachliche Bezeichnung für einen Ort und zeigen mit diesen und vielen weiteren Beispielen, dass diese Exonyme die älteren Formen der Namen konservieren, weil sie in der Fremde benutzt werden und damit nicht mehr der ungeheuren Dynamik der gesprochenen Sprache vor Ort ausgesetzt sind. „Tréves“ zum Beispiel konserviert eine Namensform zwischen dem antiken „Augusta Trevorum“ und der heutigen Form „Trier“.

Wir bleiben bei Paternus

Wenn nach dieser gut belegten Theorie der Name Paterno Villa eine ältere Form des Ortsnamens erhalten hat, wer also war Paterno? Professor Kaufmann nimmt den westfränkischen Personennamen Paderin an, der zum Stamm Badu gehören soll. Leider ist dieser Personen­name nirgends belegt ganz im Gegensatz zu dem damals weit verbreiteten Namen Paternus.

Solange die Ausgräber den Grabstein des Paternus auf der Pfeddersheimer Gemarkung noch nicht gefunden haben, bleiben wir den Beweis für diese Thesen schuldig. Wir können uns aber auf die Forschungsergebnisse namhafter Germanisten berufen und bleiben bei Paternus. Danach kann Pfeddersheim wieder beruhigt sein und braucht seine Geschichte nicht umzuschreiben.

© Arbeitskreis für Kultur- und Landschaftspflege Worms-Pfeddersheim e.V. ; 6/7/2010 G.Haupt